Landtagswahl Baden-Württemberg: Podiumsdiskussion der Spitzenkandidaten

Kretschmann setzt auf Konsens statt Krawall

Lehrstunde der Demokratie: Die Elefanten-Runde der sechs Spitzenkandidaten zur Landtagswahl in Baden-Württemberg, die am Mittwoch in der Stuttgarter Liederhalle erstmals aufeinandertrafen. (Foto: Fromm)

Um es gleich zu sagen: In der knapp zweistündigen Podiumsdiskussion der „Stuttgarter Nachrichten“ am Mittwoch (24.02.) in der Stuttgarter Liederhalle hat der Spitzenkandidat der Grünen, Winfried Kretschmann, als Ministerpräsident überzeugt.

Breiten Raum nahm zu Beginn leider die unappetitliche Debatte um die rechtsradikale AfD ein, deren Claqueure offenbar zu Dutzenden im Auditorium saßen. Mit zynischen Zwischenrufen und Hohngelächter gaben sie einen traurigen Vorgeschmack darauf, was unsere Demokratie nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg am 13. März zugemutet wird. Umso bedauerlicher, dass der eloquente AfD-Spitzenkandidat und Verwaltungsprofessor Jörg Meuthen in der Lage ist, die Rassistenfratze seiner Partei immer wieder kreideweiß zuzutünchen mit Distanzierungen und Differenzierungen, die den Anschein von Wahrhaftigkeit vermitteln.

Moderation ohne Prägnanz

Wirklich lehrreich wurde es erst im zweiten Drittel der von Chefredakteur Christoph Reisinger und Landespolitikredakteur Frank Krause moderierten Runde vor 780 Lesern und Journalisten aus dem Südwesten. Dabei irritierten aber durchweg Reisingers mangelnde Prägnanz Fragen zu stellen, das Gespräch zu führen oder beim Publikum auf Zurückhaltung zu drängen.

Pflege ist kein landespolitisches Thema

Dass die Pflege nur punktuell thematisiert wurde, war dem Umstand geschuldet, dass sie kein landespolitisches Thema ist. Immerhin reklamierte Bernd Riexinger (Linke), dass im Land 16.000 Pflegekräfte fehlten, und Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid (SPD) betonte, dass auch für „Pflegekräfte, Verkäuferinnen und Polizisten“ die Mieten finanzierbar bleiben müssten.

Konsens beim Thema Staatsverschuldung

Hans-Ulrich Rülke (FDP) und Schmid hatten beim Thema Staatsverschuldung sogar Konsens, in dem beide eine Milliarde Euro aus der Landesstiftung nehmen wollen, die unter Schwarz-Gelb aus den 2,4 Mrd. Euro Erlös der EnBW-Aktien gebildet wurde, um damit die Breitbandverkabelung in den Industriegebieten des Landes zu finanzieren.

Herausforderer kann bei Podiumsdiskussion nicht punkten

Mehrfach liefen die Attacken von CDU-Herausforderer Guido Wolf ins Leere, der den Ministerpräsidenten als „Kanzlerinnen-Versteher“ lächerlich machen wollte oder seine Verhandlungserfolge beim Länderfinanzausgleich als Mißerfolg kritisierte. Kretschmann zu Letzterem: „Wenn 16 Ministerpräsidenten quer durch alle Parteien von der CSU bis zur Linken zufrieden sind, nur nicht der CDU-Oppositionsführer in Baden-Württemberg und der Bundesfinanzminister, dann frage ich mich schon, ob Sie, Herr Wolf, für den Bundestag kandidieren oder hier Ministerpräsident werden wollen.“

Kretschmann verteidigt Politik der Kanzlerin

Dass Kretschmann auf Konsens statt Krawall setzt, „wenn die Demokratie im Kern gefährdet ist“, belegte nicht nur sein Beispiel des Länderfinanzausgleichs, sondern auch sein Interesse am Wohlergehen der Kanzlerin: „Wer soll denn Europa zusammenhalten, wenn unsere Kanzlerin an der Flüchtlingsfrage scheitert“, fragte er erneut Wolf, der in seinem Wahlkampf um AfD-Stimmen mehr und mehr auf Distanz zu seiner Parteifreundin geht.

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