Uli & die Demenz: Ich will nach hause

Wie ich mit dementen Menschen umgehe, wenn sie weg wollen

Möglichkeiten sie zurückzuholen gibt es viele, die richtige ist manchmal unkonventionell
Wenn Bewohner nachhause wollen ist Feinfühligkeit gefordert (Foto: Fotolia)

„Ich gehe jetzt“, sagte Frau Hild. Sprachs – und wollte aus der Tür. Immer wieder habe ich mit dementen Menschen zu tun, die nach hause wollen. Wie gehe ich bloß mit ihnen um?

Mich und mein Gegenüber ernst nehmen

Wenn ich in ein Altenheim ziehen müsste: Ich wollte wohl auch lieber nach hause. Es ist also nicht verwunderlich, wenn eine „Bewohnerin“ des Altenheimes nach hause möchte. Wichtig für mich ist hier: Ich überprüfe meine innere Grundhaltung. Bin ich genervt? Verdrehe ich innerlich die Augen? Und das, nur weil jemand nach hause will? Und sich so verhält, wie ich mich an seiner Stelle auch verhalten würde. Also: Zuerst einmal muss ich über mich selber nachdenken. Dann: Frau Hild ernst nehmen. Ihr auf Augenhöhe begegnen.

Die Sehnsucht klären

Wünschen liegt immer eine Sehnsucht zugrunde. Wer sich einen Partner wünscht, sehnt sich vielleicht nach Zweisamkeit. Wer die Karriereleiter um eine weitere Stufe nach oben klettern möchte, möchte vielleicht anerkannt werden. Was sind die Wünsche eines dementen Menschen im Altenheim, der nach hause möchte? Das gilt es herauszufinden…

Möchte er geborgen sein? Will er seine Ruhe haben? Um das herauszufinden, stelle ich Fragen. Ich achte darauf, ob Frau Hild ihr Gesicht verzieht – und wie sie ihre Arme bewegt. Vielleicht sagt sie auch etwas, das mich auf die richtige Fährte führt.

Hilfe holen

Die Situation kann es entspannen, wenn ich mich frage: Woher kann weitere Hilfe kommen? Vielleicht hat mein Gegenüber einfach Hunger – und mit einer Extraportion Spaghetti sind alle Probleme erledigt. Oder kann man andere Bedürfnisse stillen? Vielleicht gibt es bei Frau Hild auch körperliche Ursachen, die man noch genauer abklären kann. Eine weitere wichtige Frage: Hat sie Bedarfsmedikamente, die ihr in dieser Situation vielleicht helfen, zur Ruhe zu kommen?

In der beschriebenen Situation wusste ich alleine nicht mehr weiter. Die zuständige Pflegefachkraft hatte aber eine gute Idee. Sie nahm Frau Hild mit in die Küche. Dort legte sie Tücher zusammen. Diese Beschäftigung machte ihr offenbar Spaß. Dann bekam sie „einen Schnaps“ – also ihre Bedarfstopfen zur Beruhigung. Zuletzt setzte sich die Schwester mit Frau Hild auf den Balkon – und Frau Hild bekam eine Zigarette, die sie selig paffte. Was letztlich geholfen hat, weiß ich nicht. Beschäftigung, Tropfen oder Zigarette – oder die Kombination von allen drei Dingen…