Eventmanagement im Pflegeheim: Mit dem Opi nach St. Pauli

Warum Ausflüge, Konzerte und Events für Senioren wichtig sind und wie sie organisiert werden.

Eine Busfahrt ist für Senioren oft eine Reise in die Vergangenheit. Vor allem dann, wenn es in die Dörfer der eigenen Jugend geht. „Wobei eine Ausfahrt mit gehbehinderten Menschen eine logistische Herausforderung ist“, wie Beate Balley weiß. Die Betreuungsassistentin arbeitet im bayerischen Seniorenwohnen Grafenau und organisiert Ausflüge.

Betreuungsassistentin Beate Balley (r.) kennt die Kniffe beim Ausflugsmanagement. (Foto: SSG Grafenau)

Genügend Zeit kalkulieren und den perfekten Bus buchen

Bis zu einer dreiviertel Stunde dauert es, bis alle Mitreisenden im Bus Platz genommen haben. Es kommt nur ein Bus in Frage, der einen eingebauten Lift hat. Zusätzlich müssen Sitze ausgebaut werden, damit Rollstuhlfahrer einen Platz finden. Ist der Einstieg geschafft, geht die Fahrt los. Balley achtet beim Aussuchen der Route darauf, dass der Bus Orte anfährt, in denen die Bewohner früher lebten. „Für Senioren ist die Fahrt ins Blaue oft der einzige Weg, nochmal in ihr Heimatdorf zu kommen“, verdeutlicht die Betreuerin. Fährt der Bus dann durch Dörfer wie Haus im Wald, Ringelai und Perlesreut, erinnern sich die Bewohner an ihre Kindheit.

Brotzeit und Spenden

„Wir lachen dann viel und freuen uns über die Anekdoten, bei der Busfahrt in die Jugendzeit der Senioren“, berichtet Balley. Ziel der Ausfahrt ist ein Hotel. Bei Kaffee und Kuchen tauschen sich die Rentner über ihre Eindrücke aus. Das kann der erste Kuss unterm Maibaum gewesen sein. Oder eine Rauferei mit Jungs aus dem Nachbardorf oder die Erinnerung an eine geschlachtete Sau beim Dorfmetzger. Ganz wichtig: Gerne spenden Pflegeheimbesucher und ortsansässige Firmen für gezielte Aktionen. Also, beim nächsten Tag der offenen Tür schon für den geplanten Ausflug sammeln – und dabei eine Bilderwand vom letzten Ausflug aufhängen. Damit wird das Erlebnis greifbarer. Das Spendenschälchen wird es danken.

Reeperbahn: Wir kommen!

Noch einmal über die Reeperbahn schlendern. Diesen Wunsch hörten Kollegen von Henning Schweer vom Hamburger Träger Pflege und Wohnen immer wieder. Von den 2800 Bewohnern der zwölf Pflegeheime in der Hansestadt wollten einige in diesem Leben nochmal ein Fischbrötchen in St. Pauli genießen. Kurzerhand organisierten die Pressestelle des Altenheimbetreibers und die Einrichtungsleiter Erlebnis statt Alltag. „Das ist eine Aktion, die zusätzlich zu den Ausflügen der Häuserviermal im Jahr bis zu 100 Senioren aus ihren Wohnbereichen in die Stadt und unter die Leute bringt“, sagt Schweer. Auf dem Aktionsplan steht der Kiezbesuch genauso wie zuschauen bei Jugendspielen der HSV-Handballabteilung oder ein Besuch auf der Horner Pferde-Rennbahn.

Die pure Lebensfreude

Für Schweer haben diese Aktionen auch einen PR-Charakter. „Wenn mehrere Dutzend Senioren und ihre Betreuer in schwarz-grünen T-Shirts bei Veranstaltungen auftauchen, hat das eine Wirkung“, so der Marketingmann von Pflege und Wohnen. Doch die über das Kommunikationsbudget finanzierten Ausflüge sollen vor allem eines bringen: Lebensfreude. Und Teilhabe am öffentlichen Leben – so die Idee des ehemals städtischen Trägers.

Künstlermarkt lockt Besucher

In Grafenau wiederum kommt das Geld vom örtlichen Künstlermarkt, der auf diese Weise mit dem Seniorenwohnen verknüpft ist. „Damit schaffen wir bis zu fünf Ausflüge pro Jahr“, sagt Interims-Einrichtungsleiterin Hannelore Ecker. Sie ist froh, über den Zusatzetat von 1500 Euro. Den stiftet seit Jahren der Künstler Hajo Blach, der den Markt organisiert. Gleichzeitig betont Ecker die Wichtigkeit der Touren. Denn sie seien ein Baustein, um geistig fit zu bleiben und aus der im Alter oft eintretenden Isolation aufzutauchen.

Klassikkonzert im Seniorenwohnen

Im Seniorenwohnen Altoland in Altomünster (ebenfalls Bayern) bilden die halbjährlichen Kammerkonzerte einen Freizeitbaustein. Mozart, Händel und Volkslieder stehen auf dem Programm. Mit Klavier, Violoncello und einem Sänger entführen die Musiker die Bewohner in die Welt der klassischen Musik. Dabei ist das einstündige Konzert interaktiv angesetzt. Nach dem Haupt-Programm können Bewohner zu bekannten Liedern („Sah ein Knab ein Röslein stehen“, „Im Märzen der Bauer“) mitsingen. „Ein Mitmachprogramm, das gut ankommt“, wie Johannes Erkes, Musikdirektor der „Internationalen Stiftung zur Förderung von Kultur und Zivilisation“ weiß. Die Stiftung sponsert die „Heim-Spiele“.

Musik motiviert

„Viele Bewohner können unser Haus nicht mehr für einen Konzertbesuch verlassen“, verdeutlicht Altoland-Chef Lars Kriegel. Dass es nun einen Weg gibt, einen Musiknachmittag zu veranstalten, sei eine tolle Sache. Nehme die Musik die Menschen doch mit auf eine Reise in ihre Kindheit und Jugend. Gerade das sei wichtig, denn mit diesen Erinnerungen motivieren sich viele Bewohner, wenn körperliche Beschwerden den Alltag beeinflussen. „An so einem Musik-Nachmittag kommen einfach herrliche Erinnerungen auf“, freut sich eine 93-jährige Bewohnerin. Einrichtungsleiter Kriegel bestätigt das: „Noch Tage nach dem Konzert ist der Nachmittag Gesprächsthema Nummer eins im Haus.“