Ich pflege: Alexander Musse (25)

„Das ständige ‘Ich könnte das nicht‘ nervt!“

Alexander Musse (Foto: privat)

Kurzsteckbrief
Name: Alexander Musse
Alter: 25
Ort: Stuttgart
in der Pflege seit: 2010
Beruf: examinierter Altenpfleger
Arbeitsumfeld: Pflegeheim

Alexander, du produzierst YouTube-Videos über Altenpflege. Wieso?

Die Idee kam mir nach acht Nachtwachen (lacht). Oft fragen meine Freunde und Angehörigen, was ich als Altenpfleger eigentlich genau mache. Ist ja schließlich ein spannender Beruf. Deshalb hab ich mit den Videos angefangen.

Worum geht’s?

Um aktuelle Themen aus der Pflege und Erlebnisse aus meinem Arbeitsalltag. In einem meiner Videos erzähle ich vom Umgang mit dem Tod. Im Heim sterben ständig Menschen. Ich erkläre, wie unsere Abschiedsrituale aussehen und wie es mir selbst dabei geht.

Und wie geht es dir, wenn ein Bewohner stirbt?

Ich komm gut damit klar, weil eine berufliche Distanz da ist. Bei meiner eigenen Oma war das etwas völlig anderes. Für manche Bewohner, die sehr gelitten haben, freue ich mich auch. Aber die Traurigkeit bleibt bei liebgewonnenen Menschen nicht aus.

Wolltest du immer Altenpfleger werden?

Nein, ich habe ursprünglich mit Kinderpflege begonnen. Mir wurde aber schnell klar, dass es das für mich nicht ist. Sozial arbeiten wollte ich trotzdem. Ein Bürojob wäre nicht in Frage gekommen. So bin ich durch ein Praktikum in der Altenpflege gelandet. Hier ist’s zwar manchmal heftig, aber es macht mir Spaß. Altenpflege ist mein Ding.

Möchtest du immer am Bett bleiben?

Ich glaube nicht, dass man die aktive Pflege ewig machen kann. Das sehe ich an meinen älteren Kollegen, die Arbeit geht auf die Knochen. In ein paar Jahren möchte ich es deshalb zur Pflegedienstleitung oder Wohnbereichsleitung schaffen.

Das heißt, die Pflege braucht kontinuierlich Nachwuchs. Wie lockt man Jugendliche in den Beruf?

Praktika sind das A und O. Ich komme ja selbst daher. Es sollte eine Pflicht an den Schulen geben. Mindestens eine Woche Sozialpraktikum. So bekommen die Teenies einen Einblick und manch einer merkt, dass Pflege nicht so uncool ist, wie ihr Ruf. Früher kamen viele über ihren Zivildienst – der ja auch Pflicht war – in die Pflege.

Mehr Kollegen wünschen sich fast alle Pflegekräfte. Wie geht’s dir an hektischen, unterbesetzten Tagen?

Mein Geheimrezept: Ich lass mir die gute Laune nicht nehmen und setze Prioritäten. Im Notfall bekommt Herr Maier sein Fußbad erst am nächsten Tag. Ich kenne meine Bewohner ja sehr gut. Deshalb weiß ich, was sie brauchen und was warten kann.

Wie reagieren die Menschen darauf, wenn du ihnen erzählst, dass du Altenpfleger bist?

Da kommt meist der Standardspruch „Das könnt ich nicht“. Das ist nicht böse gemeint, aber ich kann ihn trotzdem nicht mehr hören. Altenpflege ist ein Beruf wie jeder andere. Vielleicht sogar noch schöner.

Was liebst du an deiner Arbeit?

Die Menschen. Man baut mit den Bewohnern eine innige Beziehung auf. Ich bin jeden Tag bei ihnen. Für manche gehöre ich fast zur Familie. Wenn eine ältere Dame sagt: „Hätt‘ ich Kinder gehabt, wärst du bestimmt mein Enkel geworden“, geht mir das Herz auf. Die Senioren sind bei uns, weil sie alt und krank sind. Ich will ihnen in dieser schweren Zeit nochmal Freude schenken. Am Schönsten ist es, wenn ich sie zum Lachen bringen kann.

Und die Angehörigen?

Es gibt solche und solche (überlegt). Die Entspannten, die einem dankbar für gute Pflege sind und die, die immer was zu meckern haben. Letztendlich sind beide Gruppen unsere Kunden. Deshalb reiße ich mich auch bei unberechtigter Kritik zusammen.

Vielen Dank, Alexander!

Alexander Musse bei YouTube
Sie möchten mehr über Alexanders Arbeitsalltag erfahren? Der 25-Jährige betreibt den YouTube-Channel PflegesindWIR und freut sich über Zuschauer.