Wenn der Chef zum Burn-out Risiko wird

Immer mehr Pflegeheime wollen gegensteuern – aber wie?

Wut ist kein guter Führungsratgeber (Foto: Fotolia)

Die psychische Belastung im Job steigt seit 20 Jahren permanent an, das schreibt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA). Im Gesundheitsreport des Dachverbands der Betriebskrankenkassen heißt es: Rund 15 Prozent aller Arbeitsunfähigkeitstage der etwa 4,3 Millionen BKK-Versicherten seien psychisch bedingt. Die mittlere Ausfalldauer bei psychischen Leiden sei mit gut 40 Tagen so hoch wie bei keiner anderen Erkrankung. In den vergangenen zehn Jahren hat die BKK eine deutliche Zunahme der Krankheitstage wegen psychischer Störungen registriert.

Pflegealltag ist Stress pur

Kaum Zeit für die Morgenpflege der Bewohner, schon soll es zum Frühstück gehen. Der Pflegealltag ist für viele Stress pur. Das stetig steigende Arbeitstempo bleibt nicht ohne Folgen für die Gesundheit des Personals. In manchen Wirtschaftsunternehmen sollen Führungskräfte nun als Vorbild dienen – vielleicht kann sich die Pflege hier etwas abschauen.

„Die Dauer psychischer Erkrankungen hängt stark vom Führungsverhalten eines Chefs ab“

Beispiel Auto-Zulieferer Bosch. Personalchef Christoph Kübel sagte vor kurzem den Stuttgarter Nachrichten: „Die Dauer psychischer Erkrankungen hängt stark vom Führungsverhalten eines Chefs ab“. Konzern und Betriebsrat haben nach zähem Ringen eine Betriebsvereinbarung geschlossen: Darin steht, dass Führungskräfte und Mitarbeiter sensibilisiert und anonyme Hilfsangebote bereitgestellt werden. Ein Anfang!

„Wir arbeiten daran, dass wir ein besseres Führungsverständnis bekommen“

Beispiel Zwei: Die Deutschen Bahn weitet ihr Betreuungskonzept auf alle Beschäftigten aus. Es war zu Beginn für Lokführer vorgesehen, die Unfälle mit Menschen verarbeiten mussten. „Seit gut vier Jahren arbeiten wir daran, dass wir ein besseres Führungsverständnis bekommen“, sagt eine Bahn-Sprecherin. Anzeichen psychischer Probleme ihrer Leute sollen Führungskräfte früher erkennen – wie das geht, lernen sie in Gesundheitscoachings.

Die Verantwortung für die Zunahme psychischer Belastungen trägt laut BAUA der rasante Wandel in der Arbeitswelt. In einem Forschungsprojekt erkundet die Arbeitsmediziner wie sich dieser auswirkt. Aus den Ergebnissen wollen sie Messstandards ermitteln und Grenzwerte empfehlen. Untersucht werden: Termin- und Leistungsdruck, häufige Störungen und Unterbrechungen und sehr schnelles Arbeiten.

Chefs als Vorbilder

Nur ob Betriebsvereinbarungen und Betreuungskonzepte helfen Burn-Outs zu verhindern, weiß niemand. Klug ist daher die Idee von SAP. Dort setzt man auf Vorbilder: 600 Führungskräfte werden aktuell geschult, damit sie ihren Leuten eine andere Kultur vorleben.

„Ein Manager muss sich bewusst sein, dass er wichtiger für die Gesundheit ist als ein Hausarzt“, sagt SAPs Gesundheitsmanagerin Natalie Lotzmann. Betriebsrat Ralf Kronig sieht das kritisch: Die Verantwortung für gesundheitsverträgliche Arbeitsbedingungen liege am Ende doch beim Betriebsarzt.

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Michael Sudahl (Jahrgang 1973) ist Pflegebibel-Initiator und greift am liebsten zu brisanten Themen in die Tasten. Der gelernter Banker, Journalist und Körpertherapeut ist seit Jahren in der Pflege unterwegs: Er berät soziale Organisationen in der Kommunikation und geht als Lebensberater und Schattenjäger den Dingen gerne auf den Grund. Michaels Motto: “Sei du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt” (Ghandi)