Therapie: Hörbert lädt zum Tanze

Musikspieler bietet mehr Lebensqualität für Menschen mit Demenz

Für Menschen mit Demenz geeignet: Hörbert bietet intuitive Bedienung und guten Klang (Foto: Winzki GmbH)

Klar und kraftvoll erschallt ein volkstümlicher Bariton aus dem Holzkasten mit den bunten Knöpfen. Eugen strahlt. Er hat den kleinen Musikspieler auf dem Schoß, den Griff fest umklammert. Sein rechter Fuß wippt im Takt. Leise singt er mit: „Hoch auf dem gelben Wagen / Sitz’ ich beim Schwager vorn. / Vorwärts die Rosse jagen …“

Die Kinderzimmer der Republik hat Musikspieler Hörbert längst erobert, jetzt hält er Einzug in Seniorenheimen und Demenz-WGs. Schließlich ist Musik wichtiger Bestandteil in der Therapie von Demenzerkrankten. Der richtige Song zum richtigen Zeitpunkt hellt die Stimmung auf und regt zum Bewegen an. Bekannte Melodien laden zum Summen, Singen und Mitklatschen ein und das Wiedererkennen beruhigt. Das Bekannte gibt Sicherheit und Betroffenen das Gefühl, Kontrolle über die Situation zu haben. Bei Schlafstörungen oder Rastlosigkeit ersetzen meditative Klänge Schlaftabletten und Beruhigungsmittel.

In der Biographie-Arbeit wird Musik sogar als „Schlüssel zur Vergangenheit“ eingesetzt.

Denn Lieder aus der Jugend sind häufig tief im Langzeitgedächtnis verankert. Selbst wenn das Erinnerungsvermögen bereits stark eingeschränkt ist, erinnern sich Demenzerkrankte an Lieder, die ihr Leben prägten. Und an Situationen und Emotionen, die sie mit diesen Liedern verknüpfen.

Falsch verkabelt?

Allerdings eigenen sich die sperrigen Kassettenrekorder auf hiesigen Stationsfluren nur selten für therapeutische Zwecke. Die schweren Geräte lassen sich schlecht transportieren und sind auf Steckdosen angewiesen. Zudem ist die Musikauswahl begrenzt. Auch herkömmliche MP3 Spieler sind in der Regel wenig altersgerecht. Kleine Displays, winzige Knöpfe, und umständliche Menüführung frustrieren selbst Senioren ohne Demenz.

Kinderleichte Bedienung

Der Hörbert hingegen bedient sich kinderleicht. Kein Wunder, hat Rainer Brang den Musikspieler doch ursprünglich für seinen eigenen Sohn entworfen. Der Softwareentwickler, enttäuscht von anderen Produkten auf dem Markt, entschied sich für Marke Eigenbau. In diesem Jahr wollen der 40-Jährige und seine sieben Mitarbeiter mehr als 5000 Hörberts montieren. Denn die Nachfrage zieht spürbar an.

Selbstbestimmtheit trotz Demenz

Die Konstruktion des Nürtinger Unternehmers eignet sich nicht nur für Kinder. Auch für Menschen mit Demenz ist Hörbert ideal. Design und Ausstattung sind bewusst minimalistisch gehalten. In der Praxis beweist sich der Musikspieler als widerstandsfähiges Multitalent. Rund 17 Stunden Audioinhalte passen auf die mitgelieferte SD Karte und per Computer können Angehörige problemlos neun Playlisten mit individueller Songauswahl einrichten. Gleichzeitig ermöglichen bunte Knöpfe intuitive Bedienung, die Menschen mit Demenz nicht überfordert. Betroffene können so selbst entscheiden, wann sie Musik hören wollen und welche Lieder. Demenzerkrankte erlangen somit ein Stück Selbstbestimmtheit zurück.

Umweltfreundlich und robust

Das Gerät lässt sich leicht transportieren und das Verletzungsrisiko ist niedrig: Der Batteriebetrieb erspart die Stolperfalle Kabelwust und bei der Herstellung werden keine giftigen Schadstoffe verwendet. Brang hat sich Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben und Hörbert als Antwort auf die Wegwerfgesellschaft designt. Statt aus Plastik besteht die Außenverkleidung deshalb aus Buche, Pappel und Birke. Natürlich alles aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Das robuste Holzgehäuse hält sowohl Stöße, als auch Stürze aus. Und wenn doch einmal etwas kaputt gehen sollte, gestaltet sich die Reparatur des Hörberts dank simpler Technik als Kinderspiel. Alle Komponenten können jederzeit nachbestellt oder vom Hersteller einzeln getauscht werden.