Eventkoch Ilzhöfer serviert letzte Leckereien

Jörg Ilzhöfer erfüllt Gästen des Esslinger Hospizes Essenswünsche

Jörg Ilzhöfer kocht mit Leidenschaft und kocht die letzten Mahlzeiten in der Esslinger Hospiz (Foto: Privat)

Eine geknickte Mitarbeiterin und gebratene Zwiebeln standen am Anfang. Seit drei Jahren erfüllt Eventkoch Jörg Ilzhöfer Gästen des Esslinger Hospizes Essenswünsche.

Herr Ilzhöfer, Sie erfüllen Hospiz-Gästen deren Essenswünsche. Wie ist es dazu gekommen?

Ein Zufall. Vor drei, vier Jahren kam eine Kollegin regelrecht zerknirscht gegen 21 Uhr ins Geschäft. Im Esslinger Hospiz, in dem sie arbeitet, sei eine Frau gestorben. Und sie hätten deren letzten Wunsch nicht erfüllen können: Sie wollte unbedingt nochmals angebratene Zwiebeln riechen.

Für Sie ein Leichtes, oder?

Definitiv. Ich betreibe seit sechs Jahren eine Event-Kochschule in Esslingen und hatte an dem Abend einen Kurs. Die Zwiebeln wären schnell gemacht gewesen und ein Teilnehmer hätte sie in wenigen Minuten mit meinem Auto rüberfahren können. Ich habe danach mit der Hospizleitung und dem Dekan gesprochen und meine ehrenamtliche Unterstützung angeboten, wenn ein Gast einen besonderen Essenswunsch hat. Seitdem bin ich jährlich zwischen zehn und 15 Mal im Hospiz und bringe ein gewünschtes Essen.

Mit Präzision und Feingefühl gestaltet der Eventkoch das Essen der Bewohner (Foto: Privat)

Wie funktioniert das?

Ich koche vormittags und komme schon kurz nach 11 Uhr vorbei, weil ich in meinem Geschäft zum Mittagstisch anwesend sein muss. Es gibt im Hospiz einen großen Tisch, an dem bis zu zehn Gäste und Mitarbeiter sitzen. Meist richte ich zwei Essen an und die Mitarbeiter übernehmen dann. Denn manche Gäste können nicht mehr aufstehen oder das Gericht muss püriert werden oder manche essen erst am Nachmittag.

Wie ist Ihr Kontakt zu den Gästen?

Vielleicht bin ich gegenüber Sterbenden naiv und mache mir zu wenig Gedanken, aber sie sind meine Gäste und genauso wie in der Kochschule schenke ich ihnen meine Aufmerksamkeit. Das sind oft nur fünf bis zehn Minuten, weil ich dann wieder los muss. Aber für mich sind die Begegnungen bereichernd, weil ich ihre Dankbarkeit spüre. Essen bleibt auch in dieser Lebensphase etwas Elementares.

Woran merken Sie das?

Wir haben zum Martinstag mal eine Weihnachtsgans gemacht mit Rotkraut und Knödel. Als der Duft durch das Hospiz zog, gingen fast alle Türen auf. Über den Geruchssinn kommen alte Erinnerungen wieder. Bei einer anderen Gelegenheit hatte sich eine Bewohnerin zum Geburtstag Nudel mit einer Lachs-Kognak-Soße gewünscht. Sie selbst war bettlägerig und alle Geburtstaggäste standen um sie herum. Für mich sind diese Wünsche ein Herzensanliegen geworden, weil ich mich erinnere, wie wichtig meiner sterbenden Mutter damals Kleinigkeiten waren.

Sind Sie darüber hinaus sozial engagiert?

Die Event-Kochschule ist dieses Jahr von der baden-württembergischen Wirtschaftsministerin als eines der fünf engagiertesten Unternehmen ausgezeichnet worden. Beispielsweise kochen wir etwa vier Mal in einem Altenheim in Berkheim mit acht älteren Menschen. Zur Auszeichnung im Stuttgarter Schloss kam einer der Senioren extra angereist und meinte, er müsse doch dabei sein, wenn wir diesen Preis bekommen. Das war wunderbar.

Gibt es noch weiteres Engagement?

Außerdem kochen und backen wir zusammen mit der Esslinger Rohräcker-Schule. Das sind meist acht körperlich und geistig behinderte Kinder. Mal gehe ich in die Schule, mal kommen die Kinder zu uns in die Innenstadt. Das letzte Mal haben wir gemeinsam Plätzchen gebacken, damit sie etwas mitnehmen können.

Zur Person:

Schon zu Hause bei der Familie Ilzhöfer wurde „viel und lecker“ gekocht. Also begann Jörg Ilzhöfer 1986 eine Lehre in Esslingen, wurde über das Stuttgarter Graf Zeppelin und die Bayreuther Festspiele und ein zweijähriges BWL-Studium, zum Verkaufs- und Marketingleiter und schließlich Stellvertretender Hoteldirektor. Bei einem Wohnungsbauträger entwickelte der inzwischen 47-Jährige Event-Koch-Kurse für Kunden, ehe er sich 2010 in Esslingen selbstständig machte und auch den baden-württembergischen Gründerpreis gewann.


Jens Gieseler ist Kommunikationsberater, Journalist und Heilpraktiker für Psychotherapie. In den letzten beiden Lebensjahren war sein Vater pflegebedürftig. Deshalb hat er sich mit der Pflegebürokratie herumschlagen müssen und viel Sensibilität für das Altern und Sterben entwickelt. Erkenntnis: Beziehungen werden immer wichtiger.