WGfS – Wirtschaftlich dank Familienfreundlichkeit

Mit welchen Maßnahmen der Pflegedienstleister Eltern unterstützt

Kinderfreundliche Arbeitsplätze stehen hoch im Kurs, auch bei der WGfS in Filderstadt, Baden- Württemberg (Foto: Fotolia)

Wechselnde Schichten, kurzfristige Einsätze und starre Strukturen: Viele Fachkräfte verzweifeln daran, Familie und Arbeit miteinander abzustimmen. Im schlimmsten Fall endet diese chronische Überforderung in einem Kündigungsschreiben. Nicht so bei familienfreundlichen Pflegeheimbetreibern. Individuelle Arbeitszeit-Modelle und Unterstützungsangeboten sorgen gar für einen Marktvorteil gegenüber Mitbewerbern.

„Die Familie gehört dazu“, weiß WGfS-Inhaberin Rosemarie Amos-Ziegler. Mit einem 200-köpfigen Team betreibt die 56-Jährige drei Pflegeheime in Filderstadt. Rund die Hälfte des Personals hat Kinder, davon 57 im Betreuungsalter. Durch halbjährliche Mitarbeitergespräche fiel dem Führungsteam auf, dass besonders der Beginn der Frühschicht um 6:15 Uhr zu Engpässen führt. In den meisten Kindertagesstätten ist es zu dieser frühen Stunde noch dunkel. „Deshalb haben wir Dienste kreiert, die mit den Kita-Öffnungszeiten übereinstimmen“, erzählt die Geschäftsführerin. Wer Kinder oder andere Angehörige versorgt, kommt erst zwischen 7:30 Uhr und 8 Uhr. Eine zweite Fachkraft pro Schicht sorgt dafür, dass auf der Station solange alles funktioniert.

Gute Betreuung spornt an

Die Schwaben setzen sich auch an anderer Stelle für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein. Neben flexiblen Arbeitszeiten und Wunschdienstplänen, gibt es Betreuungszuschüsse, verschiedene Teilzeitvarianten und Kooperationen mit örtlichen Kindergärten. Findet sich einmal niemand, der den Nachwuchs versorgt, können Fachkräfte ihre Kinder mit auf die Station bringen. Für Verwaltungsangestellte gibt es spezielle Eltern-Kind-Arbeitsplätze und die Möglichkeit im Home Office zu arbeiten. „Eltern, die ihre Kinder gut behütet wissen, arbeiten motivierter“, begründet Amos-Ziegler ihr Engagement. 2016 wurden die Pflegeprofis mit dem Prädikat Familienfreundliches Unternehmen ausgezeichnet

Eine Studie des FFP Münsters untermauert die These der Baden-Württembergerin. Laut Erhebung verzeichnen familienbewusste Unternehmen 42 Prozent weniger Fehlzeiten als Konkurrenten. Produktivität, Anzahl und Qualität der Bewerbungen steigen jeweils um ein Drittel. „Anschubinvestitionen amortisieren sich innerhalb von ein bis zwei Jahren“, berichtet Amos-Ziegler. Weil sich Mitarbeiter gehört und unterstützt fühlen, sinkt die Fluktuation. Personaler schätzen, dass pro offener Stelle etwa 10.000 Euro für Ausschreibung, Bewerbungsprozess und Einlernen anfallen. Durch jeden zufriedenen Mitarbeiter der bleibt, spart die WGfS also bares Geld.

Sicherer Wiedereinstieg nach Elternpause

Ob Mütter und Väter nach der Elternzeit in ihren alten Betrieb zurückkehren, hängt laut einer Analyse des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) aber noch von einem weiteren Faktor ab: „Ob und wie Arbeitgeber und Beschäftigte bereits vor Beginn der Elternzeit über den Wiedereinstieg sprechen“. Dabei gilt: Je verlässlicher die Planung und je besser das Halten des Kontaktes, desto größer ist die Chance. So lädt die WGfS Elternzeitler zu Betriebsfeiern und Ausflügen ein oder informiert per Email über neue Entwicklungen. Seminar- oder Gesundheitsangebote können Mütter und Väter auch während ihrer Abwesenheit wahrnehmen. Ziel sei es, Mitarbeitern zu vermitteln, dass sie auch während der Auszeit Teil des Unternehmens blieben. Amos-Ziegler sieht gar einen Mehrwert in der Familienpause. „Oft verfügen Kollegen danach über Kompetenzen, die unsere Abläufe erleichtern“, erklärt sie, „etwa Empathie, Diplomatie oder den Umgang mit Krisen.

Spezielle Konzepte für pflegende Mitarbeiter

Aufgrund des demographischen Wandels spielt auch das Spannungsfeld Angehörigenpflege und Arbeit eine zunehmend wichtige Rolle. Beschäftigte in der Altenpflege sind hier in einer besonderen Situation: Da sie über Fachkenntnisse verfügen, stehen sie als erste auf dem Plan, wenn ein Familienmitglied pflegebedürftig wird. Das Resultat ist eine Doppelbelastung über Jahre, die nicht selten dazu führt, dass Betroffene ihr Arbeitsverhältnis beenden. „Dabei können gerade wir als Pflegeanbieter Mitarbeiter fachgerecht unterstützen“, findet Amos-Ziegler. Mit hauseigenen Dienstleistungen, Beratungsgesprächen oder flexiblen Arbeitszeitmodellen. Ein ambulanter Pflegedienst in Berlin ermöglicht Angestellten beispielsweise, ihre Stundenanzahl in intensiven Pflegephasen bis zu ein Jahr lang vorübergehend zu reduzieren.


Ronja Gysin
Jahrgang 1989, „Die Pflegebiblerin“
hat Medienwirtschaft in Stuttgart studiert, langjährige Jugendleiterin, lernte den Online-Journalismus bei ProSiebenSat.1 Digital kennen, arbeitete in einer Londoner Nachrichtenagentur, hat die besten Ideen beim Wandern und ist begeisterte Köchin. Ihr Lebensmotto: Wenn Plan A  nicht funktioniert, bleiben noch 25 andere Buchstaben.