Uli & die Demenz: „Lasst mich ausschlafen!“

Drei Dinge, die ich mir in einem Pflegeheim wünsche

Die Wünsche der Bewohner sehen häufig anders aus. Stattdessen wird abgefertigt.
Früh aus dem Bett, vor den Fernseher gesetzt, um 18 Uhr im Bett. So sieht der Alltag von vielen Senioren in Pflegeeinrichtungen aus. Die Wünsche werden dabei oft nicht gehört oder vernachlässigt (Foto: Fotolia)

Was passiert mit mir, wenn ich in ein Heim muss? Darf ich mir dann noch was wünschen? Pflegebibel-Kolumnist Uli Zeller denkt über seine Zukunft nach…

6.17 Uhr. Der nasse Wachlappen fliegt mir ins Gesicht. „Guten Morgääähn“, ruft Schwester Barbara. „Wollen wir uns mal waschäään?“ Dann geht’s zum Frühstück und zur Aktivierung – dort höre ich Lieder wie „Die kleine Kneipe am Ende der Straße“, „Marmor, Stein und Eisen bricht“ – und: „Atemlos durch die Nacht“. Mittagessen, Kaffeetrinken, Abendessen. Dazwischen werd ich vor den Fernseher gesetzt. Und um 18 Uhr ins Bett verfrachtet. Ein Albtraum! So stelle ich mir meinen Lebensabend nicht vor. Zustände wie im Buch „Pflegeheime am Pranger“ beschrieben, kennen viele Pflegende. Daher formuliere ich hier schon mal ein paar Wünsche an diejenigen, die mich später betreuen:

Erster Wunsch: Lasst mich ausschlafen

Ich habe keine Lust, morgens um 6.17 Uhr gewaschen zu werden. Auch wenn ich dement bin und mich nicht mehr in kompletten Sätzen äußern kann: Ich will ausschlafen. Es steigert meine Lebensfreude nicht, wenn ich um 6.44 Uhr gewaschen im Speisesaal sitze und dort zwei Stunden auf das Frühstück warten muss. Also: Bitte verschiebt die Grundpflege auf später.

Dass das mit Hilfe einer Mitternachtsbetreuung funktionieren kann, beweist das SeniorenHaus Schönenberg-Kübelberg . (Videoclips dazu sind in der SWR-Mediathek und auf YouTube zu finden)

Also: Lasst mich schlafen. Und wo wir schon mal beim Schlafen sind…

Zweiter Wunsch: Lasst mich aussuchen, wer mich (nicht) pflegt

Was? Schwester Barbara? „Guten Morgääähn!“ „Waschäään!“ Oh Schreck. Nein, Schwester Barbara riecht so stark nach Nikotin – und schimpft andauernd über ihre Kolleginnen und meine Mitbewohner. Das möchte ich nicht! Bitte lasst mich aussuchen, wer mich pflegt. Wenn das nicht möglich ist: Lasst mich wenigstens wählen, wer mich nicht pflegen soll.

Dritter Wunsch: Lasst mich tun, was mir Spaß macht!

Welche Aktivierungen gibt es in Pflegeheimen? Fernsehschauen? Gemeinsam Schlager singen? Häkeln? Rollatortanz? Da hab ich keine Lust drauf. Ich habe gerne Stille und schätze die Ruhe. Außerdem mag ich Gespräche und gute Geschichten. Erzählt mir doch mal was. Was euer Leben wertvoll und einzigartig macht – und woran ihr leidet. Wenn euch das zu persönlich ist, lest mir gute Geschichten vor. Oder schenkt mir Stille und Ruhe. Lasst mich aus dem Fenster schauen. Von mir aus stundenlang. Aber bitte setzt mich nicht vor den Fernseher!

Ich wünsche mir, dass es mir nicht so geht, wie es Michael Graber-Dünow in „Pflegeheime am Pranger“ ausdrückt: „Der Bewohner steht im Mittelpunkt – und damit allen im Weg“…

Können Sie die Liste mit Wünschen an Ihr Altenheim ergänzen? Haben Sie noch mehr als diese drei Wünsche? Was wünschen Sie von dem Heim, in dem Sie Ihr Alter verbringen? Kommentieren Sie dies gerne hier.

 

Über Uli Zeller
Uli Zellers aktuelles Buch heißt „Frau Franke sagt Danke. Mutmachgeschichten für Menschen mit Demenz“. Bekannt wurde der Krankenpfleger, Journalist und Theologe durch seine Vorlesebücher für Menschen mit Demenz und einen Ratgeber für Angehörige aus christlicher Sicht. Bei uns schreibt der Autor über seinen Pflegealltag. Er gibt Tipps für Pflegekräfte und pflegende Angehörige. Bei Fragen, Anregungen oder Themenvorschlägen schreiben Sie ihm über info@die-pflegebibel.de oder die Kommentarfunktion.