Pflege daheim statt Heim

Pflege zuhause gewinnt an Beliebtheit

Zuhause ist es immer noch am schönsten. So denken 80 Prozent der Pflegebedürftigen (Foto: Fotolia)

2,86 Millionen Menschen in Deutschland haben einen staatlich anerkannten Pflegegrad. Von diesen Pflegebedürftigen werden rund 2,1 Millionen Personen zu Hause versorgt.

Häusliche Pflege kostet Zeit

Laut Meinungsforschungsinstituts YouGov wollen 80 Prozent der Pflegebedürftigen zuhause versorgt werden. Ein großer Teil davon bevorzugt, von Nahestehenden gepflegt zu werden und verzichtet auf externe Hilfe. Seit Anfang des Jahres zahlt die Pflegeversicherung für Angehörige, die sich wöchentlich mindestens zehn Stunden um Nahestehende kümmern, Rentenbeiträge. Jedoch greifen Angehörige oft auf ambulante Dienste, betreutes Wohnen oder Senioren-WGs zurück.

„Die häusliche Pflege von Angehörigen kann viel Zeit beanspruchen“, so Rolf Höfert, Geschäftsführer des Deutschen Pflegeverbands. Nicht selten passe die Betreuung eines Angehörigen situativ nicht in den Arbeitsalltag. „Je nach Pflegegrad erhalten Bedürftige einen monatlichen Betrag von der Pflegeversicherung“, so der Rheinland-Pfälzer. Des Weiteren können Betroffene Pflegesachleistungen in Anspruch nehmen. „Ambulante Dienste rechnen Leistungen bis zum Höchstsatz des Pflegegrads mit der Pflegekasse ab“, sagt der Experte. Ebenso seien die Dienste der häuslichen Krankenpflege abzurechnen. Dienste, die darüber hinausgehen, sind dem Bedürftigen privat zu berechnen.

Pflege daheim ist flexibel

Pflegebedürftige möchten so lange wie möglich in ihrer häuslichen Umgebung bleiben, somit auch selbstbestimmend leben. „Jedoch ist es aufgrund des demographischen Wandels absehbar, dass es bei der häuslichen Versorgung zu starken Engpässen kommt“, betont Höfert. Dies sei vor allem der Fall, wenn die geburtenstarken Jahrgänge 1964/65 in die Pflegebedürftigkeit kommen. „Klar ist auch, dass Skandale über Missstände oder Misshandlungen ein schlechtes Bild auf Heime werfen und diese unbeliebt machen“, so der Verbandsfunktionär.

Die Pflegedienste in Heimen und bei ambulanten Pflegediensten erbringen Fachkräfte, die auf den Pflegebedarf und die Wünsche professionell eingehen können. In Heimen jedoch müssen Fachkräfte Zeitpläne einhalten. „In der Häuslichkeit ist die Pflege in der Regel flexibler“, sagt Höfert. Hier sollten jedoch pflegerelevante Prozesse geplant sein, wie beispielsweise der Hausnotruf, die Medikamentengabe, Arzttermine, Anforderungen an Ernährung, sowie Ruhezeiten.

Betreutes Wohnen durch osteuropäische Fachkräfte

Elisabeth Wetzel ist seit einem Jahr betreuungsbedürftig. „Da die Betreuung meinen Angehörigen zu viel wurde, ergab sich das betreute Wohnen“, so die 90-Jährige. Von den Skandalen über Pflegeheime lasse sie sich nicht beeinflussen. Jedoch will die ehemalige Oberstudienrätin lieber in den eigenen vier Wänden bleiben. Von ihrer Rente finanziert, stellte Elisabeth Wetzel im September daher Aga ein.
Die Polin arbeitet seit vier Jahren in Deutschland als Pflegerin und weist eine medizinische Ausbildung aus ihrer Heimatstadt Stettin vor. Bezahlungen laufen über die Agentur Omega Euroservice. Der Pflegebedürftige zahlt hierbei bis zu 3000 Euro im Monat an die Agentur, wobei die Hälfte als Lohn an die Fachkraft weitergegeben wird.
Wetzels Hausarzt steht auf Abruf und kommt einmal monatlich zur Kontrolle. „Zu meinen Aufgaben gehört das Einkaufen, Putzen und Kochen. Aber vor allem bin ich den ganzen Tag für Elisabeth da und helfe ihr“, so die 44-jährige Aga. Der Tagesablauf ist meist gleich: Frühstück um 8 Uhr, Mittagessen um 12 und  Abendessen um 19 Uhr. Dazwischen geht das Duo spazieren, führt Gespräche oder Aga liest vor. „Am allerliebsten mag ich es, wenn Aga mir Pfannenkuchen macht“, so die Seniorin.


Leila Haidar ist freie Wirtschaftsjournalistin aus Stuttgart. Sie ist für verschiedene überregionale Tageszeitungen tätig, schreibt für Fachmagazine und beschäftigt sich mit den verschiedensten Themen, darunter Personal, Industrie und Logistik.