Impulse durch Paulsen: Wie Demenz die Partnerschaft verändern kann

Sexuelle Bedürfnisse, Unsicherheiten oder Scham können mit Empathie behoben werden

Sexuelle Bedürfnisse wandeln sich im Alter. Nähe und Zärtlichkeit gewinnen an Bedeutung,
Paare kommen häufig unter die Räder, fehlende Kommunikation verschärft die Situation (Foto: Fotolia)

Leider stellen Paare sich nicht immer dieser großen Herausforderung. Denn: Nicht nur der Alltag verändert sich, auch die Paarbeziehung auf erotischer Ebene ändert sich radikal.

Die Pflegenden, besonderes in ambulanten Diensten, bekommen die gegenseitige Abhängigkeit und das Ungleichgewicht zwischen den Eheleuten oft hautnah mit. Der zu pflegende Partner braucht Menschen, die ihm Geborgenheit und Sicherheit geben. Der Gesunde ist davon häufig frustriert und eine Partnerschaft auf Augenhöhe oft nicht mehr existent.

Beiderseitige Schuldgefühle sind unvermeidlich, doch wenig hilfreich. Vom Miteinander erschöpft, gerät die erotische Nähe schnell in den Hintergrund. Schade. Ist unsere körperliche Nähe doch eine unserer größten Ressourcen. Es lohnt sich daher, schon zu Beginn der Erkrankung über sexuelle Bedürfnisse auszutauschen, denn wir alle wünschen uns Zärtlichkeit und Intimität, auch wenn der Geschlechtsakt selbst an Bedeutung verliert.

Wichtig ist, dass bei gesteigertem Interesse an Sexualität, niemand, auch kein Partner eines Menschen mit Demenz, sexuelle Übergriffe akzeptieren und oder aushalten muss! Manchmal richtet sich das sexuelle Interesse auch an Dritte, wodurch sich der Partner zurückgewiesen fühlt – oder für das ungezügelte Verhalten des Partners schämt.

Gerne wird die daraus entstehende Unsicherheit im Sinne der Übertragung an Pflegekräfte weitergegeben.

Die beste Unterstützung von Angehörigen liegt meines Erachtens im Gespräch. Vielleicht ist es möglich als Pflegekraft dem Gesunden im geschützten Rahmen ein Redeangebot zu machen. Empathisches Zuhören kann Türen zu Gefühlen öffnen. Keine Tipps, keine Ratschläge, einfach nur reden lassen und wenn überhaupt nur wenige Fragen stellen:

Was passiert und welche Auswirkungen hat Ihr Verhalten? Was haben Sie bisher unternommen? Was wäre hilfreich für Sie? Wie können Sie und in welcher Situation unterstützt werden?

Oft kommt der Betroffene selbst auf die eigene und dann auch richtige Lösung. Viel Erfolg!

 

 

Über Gabriele Paulsen
Gabriele Paulsen berät, trainiert und coacht seit über 10 Jahren Fachkräfte im Gesundheitswesen. Sie gründete den Sexualbegleit-Service Nessita und lebt in Hamburg. Schwerpunkte Ihrer Arbeit sind gewaltfreie Kommunikation und Buisness Coaching. Seit 2001 war sie als Medizinproduktebeauftragte, Ernährungstherapeutin, Fachberaterin für Qualitätsicherung und auch im Vertrieb in der Altenpflege tätig. Davor arbeitete sie in den Universitätskliniken Hamburg und Kiel als Fachkranken­schwester in der Anästhesie- und Intensivpflege. Gabriele Paulsen zeigt neue Wege auf und hilft Veränderungen aktiv mitzugestalten. Die sexuelle Selbstbestimmung als Gedanke der Menschenrechte steht dabei im Fokus ihres Handelns.