Impulse durch Paulsen: Psychische Gewalt benennen

Verschwiegenheit bei Übergriffen schadet der Gesundheit

Wem etwas schlimmes zugefügt wurde, der sollte nicht schweigen (Foto: Pexels)

Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege veranstaltet im Norden Deutschlands eine Fachtagungsreihe zum Thema psychische Belastungen am Arbeitsplatz. Nicht nur Zeitdruck, Personalmangel und Schichtdienst, auch ein sexueller Übergriff kann eine Pflegeperson richtig aus der Bahn werfen. Ob physisch oder verbal kann der „Angriff“ persönlich als gewalttätig und damit sehr bedrohlich empfunden werden.

Unterstützung suchen

Die Konfrontation mit solch belastenden Situationen kann Folgen haben und damit therapeutische Unterstützung notwendig machen. Um zu vermeiden, dass es zu länger anhaltenden körperlichen und seelischen Reaktionen kommt, sollten Betroffene in diesen Krisensituationen aufgefangen werden. Daher machen Sie eine Unfallmeldung! Eine frühzeitige psychologische Hilfe wird von BGW als Präventionsmaßnahme angeboten. Ein umfassender Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wie ich finde.

Hohe Dunkelziffer

Unser Fokus in der Zusammenarbeit mit der BGW liegt doch meistens bei körperlich verletzten Mitarbeitern, oder? Leider werden viel zu wenig Ereignisse psychischer Belastung überhaupt erst gemeldet. Wird die Dunkelziffer bei Gewalt in der Pflege auf 60% geschätzt, vermutet die BGW bei sexuellen Übergriffen eine Ziffer von 94%! Die Aufsichtspersonen hören erst auf gezieltes Nachfragen von internen Vorkommnisse im Bereich von Beschimpfungen, Beleidigungen oder sich wiederholenden Anzüglichkeiten – schade.

Benennen hilft

Muss das im Rahmen der Profession ausgehalten werden? Warum fürchten wir, diese Belastung zu benennen? Dürfen wirklich erst die sichtbaren blauen Flecken gemeldet werden? Diese können auch in der Seele entstehen – da bin ich sicher. Wieder einmal Scham? Man muss, darf und soll sich diesen Situationen entziehen. Es ist leichter, wenn sie benannt werden und wir Hilfe von außen annehmen, um das Erlebte zu verkraften. Denn: Nach dem Salutogenese-Modell ist Gesundheit nicht als Zustand, sondern als Prozess zu verstehen. Risiko- und Schutzfaktoren stehen hierbei in einem Wechselwirkungsprozess

Viel Erfolg dabei!


Gabriele Paulsen berät, trainiert und coacht seit über 10 Jahren Fachkräfte im Gesundheitswesen. Sie gründete den Sexualbegleit-Service Nessita und lebt in Hamburg. Schwerpunkte Ihrer Arbeit sind gewaltfreie Kommunikation und Buisness Coaching. Seit 2001 war sie als Medizinproduktebeauftragte, Ernährungstherapeutin, Fachberaterin für Qualitätsicherung und auch im Vertrieb in der Altenpflege tätig. Davor arbeitete sie als Fachkranken­schwester in der Anästhesie- und Intensivpflege.