Pflegeskandal Freiheitsentzug: Ein Kommentar von Christian Hübner

Freiheitsentzug: Mit angezogener Handbremse

Zeitmangel und Überforderung im Pflegealltag sollte nicht die Fixierung der Bewohner zur Folge haben.

Skandale erschüttern die Pflege in Deutschland. Zuletzt deckte das RTL-Magazin Extra Missstände in einem DRK-Seniorenheim in Mühlheim am Main auf. Von katastrophalen Zuständen und Hygienemängeln, aber auch von angezogenen Rollstuhlbremsen ist die Rede. Letzteres ist eine freiheitsentziehende Maßnahme die, bewusst oder unbewusst veranlasst, häufig zu beobachten ist.

Ohne Genehmigung eine Straftat

Denn neben Bettgittern oder Fixiergurten, fallen festgestellte Rollstuhlbremse und mitunter der Einsatz von Psychopharmaka unter die Kategorie Freiheitsentzug. Deshalb gilt, dass entweder der Betroffen einwilligen oder eine richterliche Genehmigung vorliegen muss. Fehlt diese, ist eine festgestellte Handbremse Freiheitsentzug und damit eine Straftat.

Vielfältige Gründe…

Die Gründe für Fixierungen sind vielfältig. Die Undervcover-Reportage von RTL nennt etwa Personalmangel als Ursache. Doch auch Sturzprophylaxe wird immer wieder als Grund angeführt. Dabei stellt das DNQP im „Expertenstandard Sturzprophylaxe in der Pflege“ klar, dass freiheitsentziehende Maßnahmen für diesen Zweck ungeeignet sind.

…und schwerwiegende Folge

Freiheitsentzug verstößt gegen das Grundgesetz. Vor allem Menschen mit kognitiven Einschränkungen wie etwa Demenz sind häufig davon betroffen. Dabei kann das Festschnallen im Bett oder Rollstuhl schwerwiegende Folgen haben. Immer wieder kommt es in Altenheimen und Krankenhäusern zu Todesfällen.

Der Weg in die Freiheit

Studien zeigen, dass sich Folgeschäden reduzieren lassen, wenn Pfleger Alternativen anwenden oder auf Fixierung verzichten. In den zurückliegenden Jahren sind aus dieser Erkenntnis Projekte entstanden wie Redufix, die Leitlinie FEM oder der Werdenfelser Weg. Von ersten Erfolgen berichten etwa die Initiatoren des Werdenfelser Wegs, Sebastian Kirsch und Josef Wassermann, auf ihrer Homepage. So ist die Zahl der richterlichen Genehmigungen von 2010 bis 2014 bundesweit um 39 Prozent zurückgegangen. Den Betroffenen dürfte dabei egal sein, welcher Initiative sie dies letztlich zu verdanken haben. Hauptsache der Weg führt in die Freiheit.


Autor: Christian Hübner