Deutscher Pflegetag: Trubel und ein Schritt nach vorne

So aufregend, informativ und kritisch war es in der STATION Berlin

(Foto: Deutscher Pflegetag/Dirk Enters allefarben-foto)

Der Deutsche Pflegetag 2018 ist Geschichte. Was bleibt, ist das Gefühl, es tut sich was im Land des Pflegenotstands.

Spahn überrascht mit Westerfellhaus

Unter dem Tagesmotto “Pflege vernetzt!” begann der Deutsche Pflegetag mit einem Paukenschlag. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn outete sich als Fürsprecher der Pflegekammer und ernannte unter lautstarkem Beifall den früheren DPR-Präsidenten Andreas Westerfellhaus zum Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung. Nach der Lehrerin Ingrid Fischbach (CDU) und dem Maschinenschlosser Karl-Josef Laumann (CDU) wird das Amt damit erstmals von einem waschechten Pflegeexperten begleitet. Dass damit entsprechend große Erwartungen verbunden sind, dürfte den Protagonisten klar sein. Die Pflege indes kann durch einen erfahrenen Recken wie Westerfellhaus in so exponierter Position eigentlich nur gewinnen.

Klare Kante von Franz Wagner

Klare Worte gab es von DPR-Präsident Franz Wagner in seiner politischen Grundsatzrede. So müssten Pflegekräfte endlich ein Gefühl dafür bekommen, welche Macht sie haben. Es dürfe nicht angehen, dass eine schlechte Kindheit die fehlende Schulbildung ersetze, wenn es um die Ausbildung in der Pflege geht. Unterschiedliche Qualifikationsgrade, die dem individuellen Bildungsstand entsprechen, sind notwendig. Dabei ist für Wagner zugleich die Durchlässigkeit wichtig. Das heißt: die Möglichkeit zur berufliche Weiterentwicklung und Qualifizierung innerhalb des Berufs. Langfristig darf, mit Blick auf das Ausland, nicht das Ziel der Vollakademisierung aus den Augen verloren werden.

Abbau von Krankenhausbetten

Ausdrücklich begrüßt wurde von Wagner die Entstehung weiterer Pflegekammern in Deutschland, sowie die bevorstehende Gründung einer Bundespflegekammer. Auch Lösungen für den Pflegenotstand hatte der DPR-Präsident im Gepäck: Pflegende in Teilzeit müssten durch gute Arbeitsbedingungen und angemessene Bezahlung davon überzeugt werden, ihre Arbeitszeit zu erhöhen. Bei 50 Prozent Teilzeitbeschäftigten wären schon wenige Stunden pro Woche messbar. Außerdem sollten Aussteiger zur Rückkehr in den Beruf bewegt werden. Nicht zuletzt ist es notwendig über die Schließungen von Krankenhäusern und den Abbau überzähliger Krankenhausbetten nachzudenken.

Mehr Akademiker in der Versorgung

Der zweite Tag stand im Fokus des Schwerpunkts “Pflege qualifiziert!” und wurde durch den Junge Pflege Kongress des DBfK begleitet. Unter dem Motto „Wir zeigen Euch die Zukunft!“ befassten sich Schüler, Studenten und junge Pflegende unter anderem mit der Frage, wie es nach dem Examen weitergeht.

Im Rahmen der Podiumsdiskussion „Gewählt! Und nun?“ wurde nicht nur die Frage nach den Erwartungen an Jens Spahn diskutiert. Vorgestellt wurde auch der erste CARE Klima-Index, der sich mit der Stimmung von Pflegenden in Deutschland befasst. Im Kern zeigt sich, dass Pflegende sich von der Politik im Stich gelassen und nicht wertgeschätzt fühlen. Die Qualität der Ausbildung wird von Pflegenden selbst als hoch eingeschätzt, während die Versorgungsqualität negativ beurteilt wird.
Die Robert-Bosch-Stiftung präsentierte ihr heiß diskutiertes Manifest mit dem provokanten Titel „Mit Eliten Pflegen – Für eine exzellente, zukunftsfähige
Gesundheitsversorgung in Deutschland” vor. Darin fordert die Stiftung unter anderem  mehr akademisch qualifizierte Pflegefachpersonen in der direkten Versorgung.

Am Abend zeigten die Pflegenden, dass sie auch gepflegt feiern können. Bei Livemusik von Dagobert Weiss und seiner Dagoband wurden Netzwerke geknüpft und die ein oder andere heiße Sohle aufs Parkett gelegt. Zum Ende der Feier gab es eine spontane CareSlam Performance. Der Geist von Florence Nightingale trat in Gestalt der Bloggerin KrankeSchwester auf die Bühne um zu den Pflegenden zu sprechen.

Zum Abschluss Pflegethermometer vorgestellt

Auch der dritte und letzte Tag konnte unter dem Motto “Pflege digitalisiert!” mit einer Reihe interessanter Vorträge aufwarten. Neben dem Kernthema IT in der Pflege ging es unter anderem um die Frage, ob die sexuelle Orientierung Pflegebedürftiger eine Rolle in der Versorgung spielt.

Den Abschluss bildete schließlich die Vorstellung des aktuellen Pflegethermometers 2018 durch Michael Isfort vom Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung (DIP). Die Ergebnisse der repräsentativen Studie beziehen sich auf die voll- und teilstationäre Langzeitpflege und zeigen, dass der Fachkräftemangel in der Pflege zunimmt. So sind deutschlandweit in 13.600 Einrichtungen mehr als 17.000 Stellen unbesetzt.

Der Pflegetag endete musikalisch mit dem Projekt „Klang und Leben“, das die Teilnehmer des Deutschen Pflegetags auf eine musikalische Zeitreise mitnahm. Die Musiker treten sonst kostenlos in Einrichtungen der Seniorenhilfe auf.

Fazit

Interessante und qualitativ hochwertige Expertenvorträge, eine informative Fachausstellung und ausreichend Raum für fachlichen Austausch. Den Veranstaltern ist es erneut gelungen, mit einem breit aufgestellten und abwechslungsreichen Programm aufzuwarten. Insgesamt war es ein Pflegetag, der Hoffnung macht. Die Pflege in Deutschland scheint endlich in Bewegung zu kommen.