Klare Sicht für Bewohner

Gutes Sehen für mehr Lebensqualität

Laut einer Studie haben 75 Prozent der Bewohner einer beeinträchtigtes Sehvermögen. (Bild: pixabay.com)

„Ich bin begeistert, dass wir auch schon mit kleinen Maßnahmen wie dem richtigen Licht die Lebensqualität unserer Bewohner steigern können“, sagt Andreas Büchner. Der Einrichtungsleiter des BRK-Seniorenwohnens Bad Reichenhall und seine Mitarbeiter vollzogen im Rahmen eines Projekts einen Perspektivwechsel. Ausgestattet mit Stimulationsbrillen erlebten sie die Einrichtung aus Sicht von sehbehinderten und blinden Bewohnern.

Die beeindruckende Erfahrung war Teil des Präventionsprogramms „Gutes Sehen in Pflegeeinrichtungen“. Durchgeführt wird es vom Blindeninstitut Würzburg in Kooperation mit verschiedenen Pflegekassen. Es soll Mitarbeiter, Bewohner und Angehörige dafür sensibilisieren, dass gutes Sehen die geistige und körperliche Mobilität und damit die Eigenständigkeit bewahrt. Diese Botschaft hat die Bad Reichenhaller Einrichtung sofort erreicht. Nach der Teilnahme an dem kostenfreien Programm, hat sie nicht nur die darin empfohlene Schritte umgesetzt. Auch Maßnahmen im Sinne einer sehgerechten Einrichtung wurden entwickelt.

Jeder zweite Pflegeheimbewohner blind oder sehbehindert

Das Ende 2016 in Bayern gestartete Präventionsprogramm „Gutes Sehen“ verfolgt mehrere Ziele. Es will nicht nur das Bewusstsein für gutes Sehen in Pflegeeinrichtungen schärfen, sondern auch regelmäßige Vorsorgemaßnahmen verankern. Außerdem soll es Barrieren im Alltag sehbeeinträchtigter und blinder Senioren abbauen. Das Programm basiert auf den Ergebnissen einer von der Universitäts-Augenklinik Würzburg gemeinsam mit dem Blindeninstitut durchgeführten wissenschaftlichen Studie. Diese wurde im Rahmen des Modellprojekts „Sehen im Alter“ durchgeführt. Fast jeder zweite an der Studie beteiligte Pflegeheimbewohner galt als blind oder sehbehindert. 37 Prozent hatten eine mäßige Sehbeeinträchtigung, 38 Prozent galten als sehbehindert, acht Prozent als blind. Andreas Büchner wollte mit der Teilnahme das Thema und seine Bedeutung für das BRK-Seniorenwohnen Bad Reichenhall-Kirchberg beleuchten. „Mich hat der Gedanke dahinter sofort überzeugt“, so der Gerontologe. Er und sein Team sind beeindruckt von den Selbsterfahrungen und dem durch Experten praxisnah vermittelten Wissen zum Thema gutes Sehen.

Individuelle Beratung vor Ort

Denis Herrlinger vom Blindeninstitut widmete sich Mitarbeitern und Bewohnern der oberbayerischen Pflegeeinrichtung mit viel Fingerspitzengefühl und pädagogischem Geschick. Die Orthoptistin Sabine Kampmann untersuchte die Sehfunktion der Senioren und ging dabei individuell auf die körperliche und geistige Verfassung eines jeden Bewohners ein. „Da es sich hierbei um ein Screening handelt, werden Empfehlungen bezüglich der Dringlichkeit eines Augenarztbesuchs gegeben, aber auch für einen Augenoptikerbesuch zwecks Brillenüberprüfung und Hilfsmittelanpassung. Wenn nötig werden auch Hinweise und Tipps zur Kontaktaufnahme mit Reha-Lehrern und Selbsthilfegruppen mit auf den Weg gegeben“, so Kampmann.

Im Anamnesegespräch erfasst Sabine Kampmann, wie gut Senioren ihr Sehvermögen einschätzen (Foto: Blindeninstitutsstiftung)

Mangelhafte Versorgung durch Augenärzte und Optiker

Die wissenschaftliche Studie habe gezeigt, dass es momentan an einer flächendeckenden mobilen Versorgung durch Augenärzte und Augenoptiker mangelt. Das traf auch auf Bad Reichenhall zu. Kurz vor dem Besuch des Präventionsteams meldete Augenoptikermeisterin Ewa Hawlitschek ihr Interesse an Hausbesuchen an. Sie kommt nun einmal monatlich ins Haus und überprüft Augen und Brillen. „Ein älterer Herr, der noch keine Brille hatte, sagt, dass er jetzt mit Brille viel sicherer im Haus unterwegs ist“, freut sie sich.


Das Präventionsprogramm „Gutes Sehen“
Das Präventionsprogramm „Gutes Sehen“ richtet sich an Pflegeeinrichtungen in Bayern. Ein interdisziplinäres Team des Blindeninstituts Würzburg führt die Maßnahmen durch. Die Teilnahme ist für die Pflegeeinrichtung kostenfrei. Die Kosten werden von den beteiligten Pflegekassen der AOK Bayern, des BKK Landesverbandes Bayern, der IKK classic, der Knappschaft, der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau – SVLFG als Landwirtschaftliche Pflegekasse und der Kaufmännischen Krankenkasse KKH übernommen.

Weitere Informationen: www.blindeninstitut.de/gutes-sehen