Impulse durch Paulsen: Eine Wahl treffen!

Vor kurzem musste ich mich als Dozentin einem ganztägigen Auswahlprocedere unterziehen. Das hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt. Fünf Menschen prüften mich auf Moderations- und Methodenkompetenz, um zu schauen, ob ich in das Konzept des Auftraggebers passe.

Warum ich darüber schreibe? Meine Mitbewerber und mich hätte man nun eigentlich für eine homogene Anwärterschaft halten können und doch wurde wieder einmal deutlich wie unterschiedlich die Menschen sein können, obwohl sie einer vermeintlich gleichen Gruppe angehören. Ich hatte die Teilnehmer ebenfalls sofort kategorisiert und sollte mich zum Ende des Tages sehr wundern, wie sehr ich danebengelegen hatte.

Natürlich können wir auch in der Pflege auf zahlreiche Assessmenttools zurückgreifen, um zu einer Einschätzung der Risiken und Phänome für uns und den MDK zu gelangen. Ja, wir sehen auf einen Blick, wer ist sturzgefährdet, wer ist immobil oder mangelernährt. Doch sehen wir auch, wer welche Unterstützung, den Trost oder auch nur Ruhe in sozialen Beziehungen braucht?

Was tun, wenn biografische Daten nicht so ohne weiteres erhoben werden können, weil der Bewohner nicht darüber sprechen kann oder will. Weil er (so wie ich) noch gar nicht weiß, wo er gerade „gelandet“ ist. Niemanden kennt, das Vertrauen fehlt und Familie, Freunde und Bekannte entweder verstorben, nicht erreichbar oder vor Ort sind. Zeige ich mich dann gleich, wie ich bin? Oder beginne ich, wenn auch nur im psychischen Sinne, um mich zu schlagen, damit ich mich schützen und sicher fühlen kann? Vor der eigenen Angst, dem Alleinsein und den vielen neuen Eindrücken, denen ich gerade nicht gewachsen bin. Die eigenen Defizite wollen und kommen doch nicht gleich auf den Tisch, schlimmer noch: Der blinde Fleck – ist mir das eigene Defizit überhaupt bekannt oder bewusst? Sehen die anderen Dinge an und in mir, um die ich selbst gar nicht weiß?

In unserer Dozentenbewerbertruppe hat sich der einzelne jedenfalls mächtig aufgebläht, um später festzustellen, dass wir als Autodidakten mal kurz aus dem Konzept geraten waren. Uns auf neuem und unsicheren Terrain bewegten. Dem Team- Teaching – eine sehr abwechslungsreiche, aber eher seltene Methode, da zwei Dozenten grundsätzlich auch doppelt so viel Geld kosten. Das hatte niemand von uns vorher gemacht und wir alle taten so, als wüssten wir schon lange, wie es geht. Als wir uns das in den Pausen irgendwann gegenseitig „beichteten“ wurde es viel leichter. Und erst dann durfte sich die Tür zum unbekannten Neuen öffnen.

Reden hilft!

Viel Erfolg wie immer wünscht Gabriele Paulsen