Wie Pflegekräfte falsches Lob erkennen

Nicht geschimpft ist gelobt genug, so heißt ein altes Sprichwort. Ein sehr altes. Führungskräfte wissen längst: Nichts motiviert so wie Wertschätzung oder Lob, wie es die Älteren nennen. Aber wie erkenne ich, ob es der Chef ehrlich mit mir meint?

Geld ist ein wichtiger Motivator – keine Frage. Aber schnell hat man sich an das etwas höhere Gehalt gewöhnt. Nachhaltig fördert das die Arbeitsmoral nicht. Das Gleiche sagt eine Gallup-Studie über Team-Events oder Auszeichnungen: Deren Wirkung verpufft auf Grund der Einmaligkeit ebenso schnell.

Mit jedem Event steigt die Erwartung

Oft steigt sogar die Erwartungshaltung: Am Jahresende sollte es wieder eine Provision geben und nach dem nächsten Mitarbeitergespräch eine Gehaltserhöhung. Das Event muss nächstes Jahr noch toller sein und die Auszeichnung noch extravaganter. Das Gleiche nochmal? Gewohnheit stellt sich ein statt Motivation.

Jörg Knoblauch weiß als Geschäftsführer von Tempus-Consulting worauf es beim Lob ankommt (FOTO:Tempus)

Aber jeder Mensch will gesehen werden und freut sich über ehrliche Anerkennung seines Tuns, sagt Jörg Knoblauch. Lob wirkt dauerhaft. Das wissen Vorgesetzte spätestens seit dem letzten Führungsseminar, das sie besucht haben. Zurück im Unternehmen ziehen manche sofort los und verteilen blindlings lobende Worte. „Das ist unehrlich und manipulativ“, findet der Personal-Experte und Geschäftsführer von Tempus. Deshalb warnt er, Mitarbeiter durchschauen das schnell und der Schuss geht nach hinten los: Über den Chef wird getuschelt und schlussendlich verliert er seine Glaubwürdigkeit.

Wirkliches Lob benötigt Aufmerksamkeit und Zeit

Lob kostet zwar kein Geld, aber es kostet Aufmerksamkeit und Zeit. Wer kleidet sich denn angemessen? Wessen Arbeitsplatz sieht immer übersichtlich aus? Welcher Kollege wird von Bewohnern oder angehörigen hervorgehoben? Auf wen kann sich der Chef verlassen, von wem bekommt er durchdachte Vorschläge oder erhält schnelle Reaktion auf Anfragen? Das Lob muss also ehrlich und treffend sein – übrigens genauso wie Kritik.

Mitarbeiter wissen selbst ganz genau, wann sie gute Leistungen bringen und wann sie durchschnittlich sind. Sie werden frustriert, wenn wirklich gute Arbeit nicht wahrgenommen wird, so Jörg Knoblauch, und sie freuen sich, wenn sie honoriert wird. So kann Lob eine einfache und gute Möglichkeit bilden, um Mitarbeiter zu halten und zu motivieren, so der „Unternehmer-Berater“ weiter. Denn wer als Person und für seine Arbeit respektiert und anerkannt wird, fühlt sich in seiner Umgebung wohl.

Wie Sie falsches Lob erkennen:

  1. Lob für Selbstverständliches
    „Ich muss Sie heute mal loben.“ Allein die Formulierung entlarvt die Worte des Chefs. Er „muss“ überhaupt nicht loben, aber offensichtlich fühlt er sich genötigt. Nein, das ist keine überzeugende Anerkennung.
    Und dann lobt er Sie noch, weil Sie einfach Ihren Job erledigt haben. Für Sie ein Tag ohne besondere Vorkommnisse. Nein, das können Sie nicht ernst nehmen. Am besten fragen Sie zurück, wofür Sie das Lob heute verdient haben.
  2. Lob ohne Begründung
    Ein pauschales Lob kann durchaus ein guter Anfang sein: „Auf Sie kann ich mich verlassen.“ Aber jetzt müssen Sie überlegen, was der Chef konkret damit meint. Denn letztlich hat er sich keine Zeit genommen, um selbst festzustellen, in welchen Situationen Ihre Unterstützung für ihn etwas Besonderes ist. Je spezifischer das Lob, desto überzeugender. Ehrlicher und offener wäre also: „Wenn es stressig wird, bewahren Sie die Ruhe. Das tut dem Team gut.“ Und echtes Interesse weckt er, wenn er Sie fragt: „Wie schaffen Sie es, in diesen stressigen Zeiten die Ruhe zu bewahren?“ Denn in dem Moment nimmt er sich sogar Zeit für Ihre Antwort.
  3. Lob vor dem Team
    Anerkennende Worte vor anderen oder dem gesamten Team sind zweischneidig. Denn einerseits können etwa durch Ihre Problemlösung alle anderen Teammitglieder etwas lernen. Andererseits kann ein falscher Zungenschlag den Neid Ihrer Kollegen wecken. Sie erinnern sich noch, gelobte Schüler hatten es in ihrer Klasse oft nicht leicht. Lob unter vier Augen hat etwas Vertrauliches. Lob vor der Mannschaft kann manipulativ sein.
  4. Lob im Vorbeigehen
    Lob drückt Wertschätzung aus. Und dafür sollten sich Chefs auch Zeit nehmen und einen geeigneten Rahmen schaffen. Trifft man sich zufällig im Gang und bekommt ein Lob im Vorbeigehen, dann fehlt ein wichtiger Teil der Würdigung. Der Chef ist los geworden, was er unbedingt sagen wollte.
  5. Lob mit Widerhaken
    Relativ leicht zu erkennen ist das Lob, das eine ganz andere Botschaft transportieren will. Etwa das Lob als Last: „Nach dieser besonderen Leistung erwarte ich, dass Ihr diese Leistung weiterhin bringt.“ Der Ausnahmefall soll normal werden. Oder das Lob als Vorwurf: „Endlich habt Ihr das erreicht, was ich von euch erwartet habe.“ Derartige Worte können Sie gleich in die Manipulations-Tonne treten.
  6. Delegiertes Lob
    Lob wirkt am stärksten, wenn es sofort und persönlich kommt. Liegt Ihre Leistung zwei, drei Wochen zurück, dann sind Sie emotional nicht mehr mit ihr verbunden. Und wenn der Chef sich nicht die Zeit nimmt, sondern die Anerkennung an eine Führungskraft delegiert, dann ist das nur noch peinlich.