Uli & die Demenz: Aufmerksamkeits-Verschenker

Eine Ermutigung für Betreuungskräfte

Aufmerksamkeit ist nicht teuer, aber wertvoll (Bild: pixabay.com)

Herr Mackbold rennt unruhig über den Gang. „Hilfst du mir?“, fragt er. Er fragt dies immer wieder. Den ganzen Tag. Die Besucher des Heims bekommen diese Frage zu hören. Auch die anderen Bewohner. Genauso die Pflegekräfte – und die Betreuenden. Sobald jemand bei Herrn Mackbold stehen bleibt, ihm die Hand hält und in seine Augen schaut, wird er ruhig. Nur – wer hat denn noch Zeit für sowas? Einfach nur stehen bleiben…

Rennen, rennen, rennen. Noch schnell etwas erledigen. Vorbei hasten – und nie ankommen. Nie ist alles erledigt. Das ist nicht nur das Lebensgefühl zahlreicher Heimbewohner. Auch die Angestellten eines Heims wirken oft so: Gehetzt. In Gedanken schon beim Nächsten. Wir Betreuungskräfte haben den großen Luxus: Wir sind zusätzlich da. Zusätzlich! Wir haben Zeit – und können spontan auf Menschen eingehen. Wir können einfach mal stehen bleiben. Eine gute Berufsbezeichnung für uns wäre:

„Aufmerksamkeits-Verschenker“

Aufmerksamkeits-Verschenker sind Menschen, die Zeit haben. Oder, die sie sich nehmen. Sie können anderes ausblenden. Und nur auf den einen Menschen achten. Zum Beispiel auf Herrn Mackbold. Sie können ihn fragen: „Wollen Sie eine Runde mit mir spazieren gehen?“ Und wenn er nicht will, können sie mit ihm hin sitzen, ihm vorlesen – oder zuhören. Aufmerksamkeits-Verschenker sind selten. Aber wichtig.

Der Mensch im Mittelpunkt

Es gibt den sarkastischen Spruch: „Der Bewohner steht bei uns im Mittelpunkt – und damit allen im Weg.“ Aber genau so soll es nicht sein. Es soll nicht vor allem darum gehen, die Dokumentation ordnungsgemäß auszufüllen und minutengenaue Ablaufpläne für den Alltag fertigzustellen. Spätestens seit es Betreuungskräfte in Heimen gibt, gibt es eine ganze Berufsgruppe, die zusätzlich da ist.

Da sein

Und genau da liegt die Schwierigkeit. Ich merke, dass die Berufsgruppe der zusätzlichen Betreuung in der Altenhilfe in den letzten Jahren dabei ist, sich selber zu erfinden. Sich zu definieren. Und gleichzeitig von außen definiert wird. Fragen sind zu klären: Was dürfen wir? Was müssen wir? Was sollen wir? Und auch: Was sollen wir nicht?

Bürokratie-Monster

Liebe Kollegen, die ihr irgendwo in der Altenhilfe in der Betreuung angestellt seid. Bitte lasst uns darauf achten, dass wir kein Bürokratie-Monster aus der Betreuung machen. Dass wir also nicht nur dokumentieren – sondern vor allem tun. Lasst uns Aufmerksamkeits-Verschenker sein. Menschen, die für Menschen da sind. Und nicht, um Vorgaben zu erfüllen und alles richtig zu machen. In diesem Sinne wünsche ich euch (und mir!) für dieses neue Jahr die Weisheit, Unwichtiges von Wichtigem unterscheiden zu können.

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