Uli & die Demenz: Ein Blumentopf als Lehrer

Was mich ein Blumentopf über das Leben gelehrt hat

Für was ein einfacher Blumentopf so alles gut sein kann… (Bild: pixabay.com)

„Einfach mal durchatmen. Und dann sieht die Welt schon wieder anders aus. Das ist ein wohlgemeinter Tipp. Im Umgang mit Menschen mit Demenz. Und auch sonst in schwierigen Situationen. Neulich habe ich diese Lektion wieder gelernt. Mitten im Alltag.

Ich schleppte einen schweren Blumentopf. Er sollte vom Erdgeschoss in den ersten Stock unseres Hauses. Die Palme im Topf war riesig – und versperrte meinen Blick. Das Transportmanöver durch ein steiles, enges Treppenhaus schien schwierig. Und dann passierte es: Schwupps. Ich blieb hängen, stolperte und stürzte. Der Topf lag quer auf der Treppe. Blumenerde hatte sich über mehrere Stufen verteilt. Und ich hatte mir das Schienbein angestoßen. Das schmerzte vielleicht.

„Sch… !“

Laut schrie ich das Wort mit S-C-H vorne und dann kam auch schon die Rettung: Meine Frau. Sie kam ins Treppenhaus und sagte: „Kein Grund zum Ärgern. Nur ein Blumentopf.“
Ich schaute sie an und wusste, dass sie recht hat.
Dann ermutigte sie mich: „Lass alles liegen. Setz dich hin. Leg die Beine hoch. Und bald sieht wieder alles anders aus.“
Darum ließ ich mich nicht lange bitten. Ich setzte mich aufs Sofa. Und merkte sehr schnell, wie recht meine Frau hatte. Schon nach wenigen Minuten dachte ich: „Ist ja nur ein Topf. Und ein bisschen Erde. Gar nicht schlimm.“
Mit Besen und Kehrschaufel war das Problem schnell behoben. Und der Schmerz im Schienbein hat auch bald wieder nachgelassen.
Einmal mehr staune ich darüber, was ich da für eine patente Frau geheiratet habe.

Ein Wunsch für den Betreuungsalltag

Und genau das wünsche ich meinen Kollegen und mir im Betreuungsalltag: Die richtigen Impulse zur richtigen Zeit. Jemand, der mich daran erinnert, innezuhalten. Und dass ich dann auch den Mut habe, mich darauf einzulassen. Ich will nicht immer nur weiter rennen. Hasten und hetzen. Und schimpfen und mich ärgern. Sondern auch mal durchatmen. An den richtigen Stellen Entscheidungen treffen. Zum Beispiel dazu, Kollegen und Bewohner ganz neu anzunehmen. Jetzt nur bei dieser einen Person zu sein. Mit all meiner Kraft und Kreativität.

Erstaunlich, was man doch alles von einem Blumentopf lernen kann.