Uli & die Demenz: 5 Fehler…

… in 55 Sekunden

Fehler können passieren. Entscheidend ist, wie man damit umgeht. (Bild: pixabay.com)

„Hast du noch fünf Minuten?“, fragte mich Schwester Simone. „Kannst du der Frau Kellerwein noch schnell einen Joghurt geben?“ „Natürlich. Stets zu Diensten.“ Frau Kellerwein liegt im Bett. Der Fernseher läuft. Ich stelle mich neben Frau Kellerwein. Noch kurz ein Blick auf mein Smartphone. Und los geht’s. Aber halt – schnell erschrecke ich über mich selber. In wenigen Augenblicken habe ich (mindestens) fünf Fehler gemacht. Und darum will ich diese fünf Dinge nächstes Mal besser machen…

Erstens: Das Auge isst mit

Eine Kollegin hat mir neulich verraten, wie Joghurt mit wenigen Handgriffen viel appetittlicher aussieht als aus dem Becher. Handgriff eins: Joghurt auf den Teller kippen. Handgriff zwei: Joghurt bestreuen – etwa mit Gelee, Beeren oder Zimt. So gibts also demnächst „Joghurt fantastic“ statt Plastik.

Zweitens: Ich nehme mir Zeit

Nein, so geht das nicht. Ich kann doch nicht einem Menschen „noch schnell“ einen Joghurt geben. Das hat Frau Kellerwein nicht verdient. Sicher – an den Rahmenbedingungen kann ich wenig ändern. „Zeitnot“ scheint der Zweitname der Pflege in Deutschland zu sein. Aber: Häufig liegt es an meiner inneren Haltung. Daran kann ich was ändern. Ich kann sagen: Jetzt bin ich bewusst bei Frau Kellerwein. Auch wenn ich nur wenige Minuten Zeit für sie habe. Aber in dieser Zeit hat Frau Kellerwein erste Priorität!

Drittens: Glotze aus

„Notruf Hafenkante“ lief bei Frau Kellerwein im Fernsehen. Gerade verhören die Ermittler den Verdächtigen. Spannend. Schnell bin ich in die Handlung vertieft. Den Joghurt gebe ich nebenher. Aber stopp! Fernseh-Gucken steht nicht in meiner Stellenbeschreibung. Ich soll mich hier um die Bewohner kümmern. Das Beste will ich für sie machen. Und das ist im Moment, Frau Kellerwein ihren Joghurt zu geben. Dabei mache ich den Fernseher aus.

Viertens: Smartphone aus

In vielen Häusern sind Handys während der Dienstzeit verboten. Das kann man doof finden. Aber ich erlebe es auch als Befreiung. Das Ding, das in meiner Tasche steckt und mir immer wieder Impulse von außen gibt, hat jetzt mal Sendepause. Wer hat schon diese Möglichkeit: Handy-Fasten im Alltag. Ohne dafür einen Kurzurlaub im Kloster machen zu müssen. Weniger Ablenkung – und damit ist mehr Beziehung möglich…

Fünftens: Auf Augenhöhe

Frau Kellerwein ist überfordert, wenn ich von oben auf sie herab schaue Schöner wäre, wenn ich mich ihr innerhalb ihres Gesichtsfeldes nähere. So, dass sie merkt: Ein Mensch kommt auf mich zu. Dadurch treten wir in eine Beziehung ein. Also schaue ich sie an, auf Augenhöhe. Und ich streiche ihr mit meiner freien Hand immer wieder einmal über den Handrücken.

Ist das schlimm, wenn ich in wenigen Augenblicken so viele Fehler mache? Ich denke, nein. Traurig ist nur, wenn ich daran verzweifle und nichts daraus lerne. Wenn ich heute den Kopf in den Sand stecke, werde ich morgen mit den Zähnen knirschen. Also: Bloß nicht an meinen Fehlern verzweifeln. Lieber nächstes Mal besser machen.